Weltbürger 2.0

Ein Weltbürger zu sein, das galt früher als elitär.
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Heute ist es eine Haltung. ​Und ein Werkzeugkasten fürs Leben.
Zudem ist es sehr wahrscheinlich eine globale Überlebensfrage.
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Weltbürger?
Da denkt man an Menschen aus wohlhabenden Familien, aus einflussreichen Politiker- und Wirtschaftskreisen. Es sind die Töchter und Söhne von Diplomaten, Spitzenjournalisten und Topmanagern, die in internationale Schulen gehen. Und man denkt an Jet-Set, an Promis.
Das stimmt irgendwie auch. Und stimmt doch nicht mehr. Denn heute ist Weltbürgerdenken eine Geisteshaltung. Eine, die tatsächlich allen offen steht. 

Natürlich hat - oder eher: hätte - es immer schon Menschen mit "Weltbürger Mindset" in allen Gesellschaftsschichten gegeben. Es fehlte aber an den Zutaten, um dieses Denken in die Praxis umzusetzen - Geld und Wissen, Kontakte und Möglichkeiten. Man war auch schlicht mit Dringenderem - dem Bewältigen des täglichen Lebens - beschäftigt.

Das ist heute anders. 
Und so wie man als Kind das Lesen und Schreiben, das Radfahren und Schwimmen erst einmal lernen und üben muss, so will auch Weltbürgerdenken gelernt und trainiert werden. Das geht am besten mit Gleichgesinnten.

Was macht den Weltbürger überhaupt aus?
Den Begriff „Bürger“ assoziieren manche mit „bieder“ und „konservativ“,
für andere ist es der Inbegriff gesellschaftlicher Stabilität.
Im Französischen gibt es den wunderbaren Begriff des „Citoyen“!

Jean-Jacques Rousseau sagt in seinem Werk „Le contrat social“:
„Der Citoyen ist ein höchst politisches Wesen, das nicht sein individuelles Interesse, sondern das gemeinsame Interesse ausdrückt.“ Der Citoyen, die Citoyenne – sie stehen für den Geist der Aufklärung, für gesellschaftliche Verantwortung, für Gestaltungswille und Zukunfts-fähigkeit. Dieser Geist unterscheidet beispielsweise den Populisten, der dem Volk nach dem Mund redet, vom Staatsmann mit Weitblick.

Dieses weltweite Gemeinsame war auch das Fundament
der 1948 gegründeten​ Weltbürgerbewegung.

Zu den Gründungsmitgliedern gehörte damals u. a. Albert Einstein.  Heute verbinden neue Wünsche und andere, sicher nicht weniger dringende, Anliegen junge Menschen in aller Welt. Sie teilen ähnliche Sorgen und Hoffnungen und das nicht nur beim Klima. 

Neues Weltbürgerdenken macht ihre Kommunikation leichter, ihren
Wissensaustausch einfacher, die Zusammenarbeit unkomplizierter.

Sie setzen auf das globale „WIR“
Neue Weltbürger wissen sehr gut, dass man ebenso wenig gegen die Globalisierung sein kann wie gegen das Wetter. Aber dass man sie gestalten kann und muss, ist ihnen klar. Mehr noch: Die Notwendigkeit der Mitsprache brennt ihnen unter den Nägeln!

Sie lieben die Vielfalt der Sprachen und Kulturen, der Menschen und der Natur und sie wollen weder Gleichmacherei noch Schwarz-Weiß-Malerei. Sie fühlen sich mitverantwortlich für die Welt, die sie übernehmen.
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​Und ihnen ist bewusst: Bei den Nationalisten funktioniert der Schulterschluss gut.
Daher brauchen auch sie eine gemeinsame Identität als „Internationalisten“,
mit ​starken gemeinsamen Nennern.

​​Interdependence:
​Gegenseitigkeit funktioniert

Vom US Architekt, Visionär, Philosoph
​und Schriftsteller Richard Buckminster Fuller
(1895-1983) stammt die kluge Einsicht

​„You never change things by fighting the existing reality.
To change something, build a new model that makes
​the existing model obsolete.”

Wir verbringen tatsächlich zu viel Zeit damit, gegen etwas anzukämpfen.
​Dabei ist es meist sinnvoller und einfacher, neue und bessere Wege zu finden, die die alten – die überholten – durch ihren Erfolg ersetzen. Ein gutes Beispiel sind die vielen erfolgreichen Modelle des Teilens.

Vom landwirtschaftlichen Maschinenring über die Mitfahrgelegenheit, von Airbnb bis zum Bikesharing ist die Bandbreite riesig. Wir können abgelaufene Lebensmittel, Bohrmaschinen und Almhütten teilen, ja sogar Ballkleider und Anteile an Ackererträgen.  Teilen und Tauschen gehört zu unserem Alltag. Und genau das können neue Weltbürger auch: Teilen und Tauschen von Sprachen, Wissen und Chancen.

All das, was für gutes Geld zu haben ist – Sprachferien, Kultur- und Bildungsreisen, Auslandsjahre und Berufspraktika – kann auch getauscht werden. Von Familie zu Familie, in maßgeschneiderter Gegenseitigkeit. Am besten von Kindesbeinen an, in jenen prägenden Jahren, in denen Lernen tatsächlich ein Kinderspiel ist.

Wer nun in rechtslastigem Nationalismus eine Sackgasse sieht und erkennt, dass globale Probleme nur mit globaler Zusammenarbeit lösbar werden, wünscht sich genau das:  Seelenverwandte einfach finden und ansprechen zu können. 

Vom Familienurlaub bis zum Schüleraustausch, vom Schulprojekt bis zum Umwelt-aktivismus, von der internationalen Forschungskooperation bis zum Couchsurfing bei Gleichgesinnten beim Festival ist das Teilen von Wissen und Lebensinteressen der Schlüssel zum Weltbürgertum geworden.

Global Citizenship 2.0, das ist nicht der blauäugige Glaube an Friede, Freude, Eierkuchen!
Im Gegenteil, das Ziel neuer Weltbürger ist realistischer Idealismus und kompetente Trittsicherheit in internationalen Belangen, damit der eigene Beitrag zu einer besseren Welt die nötige Qualität hat.

GlobalNatives.Org begann im März 2009 als kleine Online-Community damit, Familien interessengerecht zusammenzubringen. Am 13. März 2024 wurde der 15. Geburtstag gefeiert.

Heute geben Familien in aktuell 62 Ländern ihren Kindern eine gemeinsame Plattform, um in Familienpartnerschaften Freundsprachen zu lernen, Wissen und Können auszutauschen, Weltbürger zu werden.

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Große Leseempfehlung dazu: Weltbürger - Christian Stöcker, SPIEGEL Wissenschaft
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