Das Weltdorf "X" |
Das Konzept "Intelligent Open Village", 2012 erdacht vom Bürgermeister einer 237-Seelen Gemeinde in den Alpen, macht Schule. Sieben Dörfer in Deutschland, Italien, der Schweiz und Frankreich arbeiten heute an ihrer eigenen Version des weltoffenen Dorfes. "Es ist die richtige Medizin gegen kulturellen und geistigen Inzest." |
Ein Bürgermeister macht Dorfbewohner zu Weltbewohnern
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Vor sechs Jahren wusste Hans St., dass sein kleines Bergdorf auf 1280m Seehöhe weiter schrumpfen würde; es gab keine touristische Infrastruktur, kein verfügbares Budget und keine Arbeitsplätze. Und ihm war klar, dass seine Gemeinde nur eine von Hunderten anderen war, die bereits als abgeschrieben galten. Bis er durch sein Online Studium auf die Idee kam, sein Dorf für die Welt zu öffnen.
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Er konsultierte damals den Stanford University Professor, der für seinen Coursera Lehrgang verantwortlich war. Von ihm erhielt er Zuspruch und den guten Rat, sich mit Global Natives, den Spezialisten für internationale Familienpartnerschaften, zu beraten. Das tat er, dann stellte er dem Gemeinderat und der Bevölkerung seine Idee vor. Er erntete begeisterte Zustimmung und so konnte er zu Jahresende allen Familien im Dorf den Zugang zu Familien in aller Welt als Weihnachtsgeschenk präsentieren.
Wie ging es weiter?
Die Gemeinde erstellte einen Fahrplan für die nächsten Schritte, während die Familien des Dorfes sich online auf die Suche nach geeigneten Partnerfamilien machten. Die regionalen Behörden wurden eingebunden und man konnte sich auf einen 5-Jahresplan zum schrittweisen Ausbau des Straßennetzes und einer leistungsfähigen Internetversorgung einigen. |
Alle erreichbaren ehemaligen Dorfbewohner wurden kontaktiert, über die Pläne des Dorfes informiert und es wurde mit ihnen über ihre leer stehenden Heimathäuser verhandelt. Zwölf Gebäude wurden für einen kleinen Nominalbetrag zur Verfügung gestellt, im Gegenzug verpflichtete sich die Gemeinde zur Sanierung. |
Siebzehn mittlerweile pensionierte Auswanderer nahmen die Einladung zur Rückkehr gerne an und begannen, ein eigenes Schulungssystem aufzubauen. Fast alle Dorfbewohner zeigten großes Interesse am angebotenen Englischkurs, zudem begann man, den Umgang mit PC, Tablet und Smartphone zu unterrichten und notwendiges Grundwissen für den Umgang mit dem Internet zu vermitteln. Unter den 35 Familien des Dorfes waren viele, die im Umgang mit dem Web und Social Media unerfahren waren und diese Unterstützung zu schätzen wussten.
Bis zum Sommer hatten bereits achtundzwanzig von ihnen intensive Kontakte zu Familien in anderen Ländern, hauptsächlich in Europa. Und im September 2013 war es dann soweit: die ersten drei einheimischen Teenager verließen das Dorf, um ein Jahr lang im Ausland in die Schule zu gehen. Im direkten Tausch kamen drei Fünfzehnjährige - aus Toronto, Helsinki und Rom - um ihren Platz in den Familien einzunehmen und im 20 km entfernten Gymnasium zur Schule zu gehen. Gleichzeitig fand auch ein erster Omatausch statt, Helena O. tauschte mit einer fröhlichen Lehrerin aus Brighton (England), die sich gleich um den intensiveren Englischunterricht für alle über 40 kümmerte.
In der Zwischenzeit hatten sich die ersten drei Familien angesiedelt, die das Angebot Wohnen & Lehren und von daheim aus arbeiten annahmen. Mit ihnen kamen zwei Babys ins Dorf, ein drittes kam im Sommer zur Welt. |
2014 waren es im Sommer bereits sechs junge Menschen im Austausch für sechs englischsprachige Schülerinnen und Schüler. Ende des Jahres war für alle Bewohner des Dorfes klar: der Weiterbestand von Kleinschule samt Kindergartengruppe war langfristig gesichert.
Heute, im März 2018, hat das Dorf 382 Einwohner und damit ein Plus von über 60% innerhalb von fünf Jahren. Im Ort gibt es nur mehr eine Handvoll Menschen, die angeben, überhaupt kein Englisch zu verstehen und in allen Haushalten gibt es WLAN und einen großen Globus! |
Fast forward >>> 2018 ...
Im Austausch von Teenagern (und Großeltern!) hat man sich mittlerweile spezialisiert: Ins Dorf kommen nun Großstadt-kinder, für die dieses Auslandsjahr auch gesundheitliche Wunder wirkt. Sie sehen hier zum ersten Mal den nächtlichen Sternenhimmel und das Gemüse im hauseigenen Garten wachsen, sie bewegen sich täglich in freier Natur und lernen, wie man sich im Wald verhält, wenn man die Vögel beobachten will. Ihre Gastgeber haben heute gute Kontakte in alle Welt, viele haben bereits Besuche und Reisen gemacht, die sie sich vorher nie erträumt hätten.
Im Herbst 2018 tauschen insgesamt 17 junge Menschen Haus und Schule für ein Jahr. Im Dorf freut man sich schon: erstmals kommen drei Teenager aus Tokyo, einer von ihnen mit seinem Großvater. Dieser hat vor seiner Pensionierung Spanisch und Deutsch unterrichtet, nun wird er allen Interessierten ein Jahr lang Japanisch und die japanische Küche näher bringen. Das Dorf ist ein Weltdorf geworden.
Im Austausch von Teenagern (und Großeltern!) hat man sich mittlerweile spezialisiert: Ins Dorf kommen nun Großstadt-kinder, für die dieses Auslandsjahr auch gesundheitliche Wunder wirkt. Sie sehen hier zum ersten Mal den nächtlichen Sternenhimmel und das Gemüse im hauseigenen Garten wachsen, sie bewegen sich täglich in freier Natur und lernen, wie man sich im Wald verhält, wenn man die Vögel beobachten will. Ihre Gastgeber haben heute gute Kontakte in alle Welt, viele haben bereits Besuche und Reisen gemacht, die sie sich vorher nie erträumt hätten.
Im Herbst 2018 tauschen insgesamt 17 junge Menschen Haus und Schule für ein Jahr. Im Dorf freut man sich schon: erstmals kommen drei Teenager aus Tokyo, einer von ihnen mit seinem Großvater. Dieser hat vor seiner Pensionierung Spanisch und Deutsch unterrichtet, nun wird er allen Interessierten ein Jahr lang Japanisch und die japanische Küche näher bringen. Das Dorf ist ein Weltdorf geworden.
Intelligent Open Village Ein Auferstehungsprojekt
Bürgermeister Hans St. erzählt, dass er auch heute noch staunt über die Offenheit und den Enthusiasmus, mit dem alle Altersgruppen auf seinen Vorschlag eingegangen sind und über die kurze Zeit, in der sich das ganze Dorf auf das Internet, Fremdsprachen und andere Kulturen eingelassen hat. Vor allem die Mütter und Großmütter und die Geschwindigkeit, mit der sie sprachlich und technisch in der Lage waren, das Beste aus der neuen Situation zu machen, haben ihn sehr beeindruckt. "Dass es bei uns landschaftlich wirklich wunderschön ist, gibt dem Ganzen einen großartigen Rahmen, aber der Erfolg liegt zu 99% im zwischenmenschlichen Umgang miteinander!"
"Ours wasn't so much a growth mindset as a complete-and-utter-rethink mindset. I am still in awe how cheerfully everyone jumped into the boat with me, from the toddler to the 92 year old. I really am in awe."
Hans St., elected mayor of X-Dorf since 2008
Was es noch zu sagen gibt:
Das Dorf liegt in den Alpen.
Nach reiflicher Überlegung wurde von der Dorf-gemeinschaft beschlossen, anonym zu bleiben. Berichterstattung bewirkt Tourismus, der - wenn auch üblicherweise sehr willkommen - in diesem Fall zuviel verändern könnte und nicht im Einklang mit der geplanten Weiterentwicklung wäre. Zudem ist der Schritt in die Öffentlichkeit zwar aufschiebbar aber - wenn er einmal gemacht wurde - nicht mehr rückgängig zu machen. |
Ein Dorf macht Schule
Sieben Dörfer in Deutschland, Italien, der Schweiz und Frankreich arbeiten heute an ihrer eigenen Version des weltoffenen Dorfes. Wie haben sie überhaupt von unserem Dorf in den Alpen erfahren? Durch Menschen aus dem eigenen Dorf, deren Familien Global Natives sind. Die Anzahl von Weilern, Dörfern und Marktflecken ohne Zukunftsperspektive wächst und es gibt kein Allheilmittel gegen die Landflucht und ihre Folgeerscheinungen.
Aber ein funktionierendes Modell kann viel Mut machen.
Fünf dieser Dörfer, die ihr eigenes Modell - maßgeschneidert für ihre Lage, Größe und Mentalität der Menschen - entwickeln, gehen ebenfalls den Weg der generellen Öffnung durch Familienpartnerschaften. In einem Ort ist es beispielsweise die biologische Landwirtschaft, die im Mittelpunkt der Planung steht. Dort will man ein vielsprachiges Kompetenzzentrum aufbauen, das Interessenten Schulungen und Praktikumsmöglichkeiten bieten soll.
Zwei der Dörfer kooperieren direkt miteinander. Was in Städtepartnerschaften schon lange etabliert ist, kann auch im kleinen Rahmen viel Potenzial bieten. Sie möchten sich sprachlich und in ihrer handwerklichen Spezialisierung gegenseitig ergänzen.
Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung: [email protected]
Aber ein funktionierendes Modell kann viel Mut machen.
Fünf dieser Dörfer, die ihr eigenes Modell - maßgeschneidert für ihre Lage, Größe und Mentalität der Menschen - entwickeln, gehen ebenfalls den Weg der generellen Öffnung durch Familienpartnerschaften. In einem Ort ist es beispielsweise die biologische Landwirtschaft, die im Mittelpunkt der Planung steht. Dort will man ein vielsprachiges Kompetenzzentrum aufbauen, das Interessenten Schulungen und Praktikumsmöglichkeiten bieten soll.
Zwei der Dörfer kooperieren direkt miteinander. Was in Städtepartnerschaften schon lange etabliert ist, kann auch im kleinen Rahmen viel Potenzial bieten. Sie möchten sich sprachlich und in ihrer handwerklichen Spezialisierung gegenseitig ergänzen.
Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung: [email protected]
Links zu Artikeln zum Thema Landflucht und Dorfsterben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit
http://www.deutschlandfunkkultur.de/sterbendes-bergdorf-wie-ostana-im-piemont-zu-neuem-leben.979.de.html?dram:article_id=325917
http://www.zeit.de/2015/50/demografie-landleben-infrastruktur-internet-anschluss-doerfer
http://www.fachwerkhaus.de/niedersachsen-fachwerkdoerfer.html
https://www.beobachter.ch/staat/bergdorfer-familien-mit-kindern-verzweifelt-gesucht-0
http://www.echo-online.de/lokales/suedhessen/akademiker-gegen-das-dorfsterben_16812488.htm
https://derstandard.at/2000050727195/DorfschrumpfungWenn-dem-Land-die-Kraft-ausgeht
http://www.zeit.de/2013/15/ostdeutschland-demografie-doerfer
http://www.dorv.de/konzept---idee/index.php
https://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Doerfer_2011/Die_Zukunft_der_Doerfer_Webversion.pdf
http://www.dailymail.co.uk/travel/travel_news/article-5038481/Swiss-village-Corippo-turned-giant-hotel.html
https://theconversation.com/when-a-countrys-towns-and-villages-face-extinction-88398
http://www.zeit.de/2015/50/demografie-landleben-infrastruktur-internet-anschluss-doerfer
http://www.fachwerkhaus.de/niedersachsen-fachwerkdoerfer.html
https://www.beobachter.ch/staat/bergdorfer-familien-mit-kindern-verzweifelt-gesucht-0
http://www.echo-online.de/lokales/suedhessen/akademiker-gegen-das-dorfsterben_16812488.htm
https://derstandard.at/2000050727195/DorfschrumpfungWenn-dem-Land-die-Kraft-ausgeht
http://www.zeit.de/2013/15/ostdeutschland-demografie-doerfer
http://www.dorv.de/konzept---idee/index.php
https://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Doerfer_2011/Die_Zukunft_der_Doerfer_Webversion.pdf
http://www.dailymail.co.uk/travel/travel_news/article-5038481/Swiss-village-Corippo-turned-giant-hotel.html
https://theconversation.com/when-a-countrys-towns-and-villages-face-extinction-88398